Alpschwein aus dem Engelbergertal
Kühe versperren uns den Weg. Wir bugsieren die trägen Tiere etwas ungeübt von der Strasse. Kurvig geht es weiter den Ächerlipass hinauf, durch lichten Tannenwald, wo sich zwischen prächtigen Farnwedeln und üppigen Pestwurzblätter die violetten Glockenblumen verstecken. Auf der Bergterrasse angekommen, blicken wir über die satten Matten zu unserem heutigen Ziel - die Alp Chieneren von Res Gut. Er ist sich das abgeschiedene Leben gewöhnt; seit seiner Geburt lebt er ganzjährig auf dem Hof in 1400 Meter Höhe.
Wir werden von Res mit einem Glas erfrischenden Apfelsaft begrüsst. Im Gespräch merken wir schnell, dass er seine Leidenschaft dem Käse widmet, obschon er gelernter Landwirt ist. Die Redensart «Aus der Not eine Tugend machen» passt zur Geschichte von Res: Er hat eine verzwickte Lage clever genutzt und sich sozusagen selbst zum Käser ausgebildet. Die Zukunft sollte ihm recht geben. Er kennt sich im Käsen meisterlich aus und erntet dafür grosses Lob. Wegen seiner Alpkäserei sömmert Res auch eine grössere Herde mit 125 Alpschweinen. Warum? Weil beim Verkäsen der Alpmilch von insgesamt 8 umliegenden Alpen Molke entsteht, soll diese ökologisch sinnvoll verwertet werden. Zusammen mit Ergänzungsfutter beschert die praktisch fettfreie aber mineralreiche Flüssigkeit den Schweinen eine besonders leckere Mahlzeit.
Die Schweine verbringen mindestens 56 Tage auf der Alp.
Nach der abendlichen Fütterung stapfen die Schweine in das breit angelegte Gelände. Jakob Spring von der Linus Silvestri AG hat uns auf die Alp begleitet und erklärt uns die Richtlinien ihres Programms: «Jedem Schwein müssen 40 m2 Naturbodenauslauf stets frei zugänglich sein». Beim Stall gelten die Vorschriften nach IP-Suisse. Besonders tierfreundlich muss er sein mit einer trockenen Liegefläche. Rund zwei Drittel vom Tag schlafen die Borstentiere. Morgens und abends wird dann buchstäblich die Sau rausgelassen: Beim Suhlen im Schlammbad kühlen sich die Schweine ab. Die auf der Haut verbleibende Erdkruste schützt sie zudem vor Sonnenbrand. Zum natürlichen Trieb der Tiere gehört das Umpflügen von Grasnarben. Ihr starker Rüssel schiebt sogar grössere Steine aus dem Weg.
Grunzend und schmatzend wühlen die Schweine
andauernd in der Erde.
Der ausgezeichnete Geruchssinn hilft ihnen auf der Jagd nach Käfer und Samen. Die artgerechte Haltung mit viel Bewegung an der frischen Luft sorgt für ein besonders aromatisches Schweinefleisch.
Als wir uns von Res verabschieden, wirft die Abendsonne bereits lange Schatten. Während am Himmel ein prächtiger Regenbogen erscheint, huscht ein gackerndes Huhn geschwind an uns vorbei und auf der Holzbank schnurrt eine Katze genüsslich vor sich hin. Doch erst der «Betruf» am späten Abend macht die Landidylle vollkommen. Res ruft das traditionelle Gebet jeden Abend in alle Himmelsrichtungen und bittet die Heiligen, alle Lebewesen auf der Alp vor Unheil und Gefahren zu bewahren.