Montag, 05.08.2024
Wirtschaften möglichst ohne Abfall
Was verstehst du unter Kreislaufwirtschaft?
In der Kreislaufwirtschaft sollen Ressourcen so lange und so effizient wie möglich verwendet werden. Das gilt für Energie und Wasser genauso wie für Lebensmittel oder Verpackungen und ist darüber hinaus auch ein Prinzip, nachdem ich mit meinen Lieferantinnen und Lieferanten sowie Produzentinnen und Produzenten zusammenarbeite. Anstatt nur von A nach B zu gehen, versuchen wir, sogenannte Kreisläufe nach nachhaltigen Prinzipien zu schaffen, beispielsweise mit einem Lebensmittel, dessen Anbau, Transport und Verwertung wir so effizient und ganzheitlich wie möglich betrachten.
Was ist ein konkretes Beispiel im Ecluse, das für Kreislaufwirtschaft steht?
Da gibt es viele. Die Kaffeetasse, die du gerade in den Händen hältst, besteht aus gepresstem Kaffeesatz – also aus einem vermeintlichen Abfallprodukt. Sie hält sehr lange. Materialien wie zum Beispiel Glas und Porzellan sind bruchanfällig und schwierig zu reparieren, darum vermeiden wir sie weitgehend. Allerdings arbeiten wir inzwischen sogar mit einer Unternehmerin, die für uns Geschirr aus Bruch herstellt. Ein anderes Beispiel ist die Menükarte, die digital dank QR-Code verfügbar ist. Da wir saisonal kochen, müssten wir ständig neue Karten drucken – so sparen wir das Papier.
Wie sieht es bei der Küche aus?
Das sind Ansätze, die man kennt: Eine kleine Karte, viel Saison, viel Regionalität. Wir verwenden nur Produkte, die aus einem Umkreis von 50 Kilometern kommen. Dazu machen wir sehr vieles selbst. Das bedingt eine grosse Vorratskammer. Als ich den Betrieb eröffnet habe, habe ich das Gartenhäuschen in drei grosse Kühlräume umfunktioniert und einen Lagerplatz in der Stadt dazu gemietet. Dort stapelt sich jetzt Eingemachtes, Fermentiertes und Getrocknetes – natürlich alles hausgemacht.
Ihr habt sogar einen Bienenstock…
Wir produzieren 25 Kilo Honig pro Jahr! Die Bienen sind für mich ein besonders gutes Beispiel für einen Kreislauf: Sie sind wichtig für die Pflanzen in unserem Garten und produzieren erst noch Honig.
«Das Ziel wäre, keinen Abfalleimer zu haben»
Das bekannteste Beispiel in der Gastronomie für Kreislaufwirtschaft ist wohl die Vermeidung von Foodwaste.
Abfall vermeiden wir – und verkochen beispielsweise auch Randengrün und -schale – oder er wird als nützliche Ressource verwendet. Wir betreiben einen eigenen Kompost für Grünabfälle, was wiederum unserem Garten nützt. Aus Haselnussschalen stellen wir eine Glace her. Auch abseits der Lebensmittel vermeiden wir alles, was nur einmal verwendet werden kann. So trägt jede und jeder im Team ein eigenes Handtuch mit sich, anstatt zum Händetrocknen Papier zu verwenden. Mein Ziel ist eigentlich, keine Abfalleimer mehr zu haben. Aber da hinkt leider das Gesetz hinterher: Handpapier neben jedem Lavabo ist Vorschrift. Unsere Abfalleimer sind trotzdem immer leer.
«Leider hinkt das Gesetz hinterher.»
Für die meisten Restaurants sind ein Kompost oder Bienenstock utopisch.
Es ist ein Extrembeispiel für Kreislaufwirtschaft. Aber jeder Betrieb kann seine Kreisläufe überdenken: Beim Einkauf, in der Küche, vor dem Gast, im Gebäude – der Verein Circular Gastronomy Switzerland hat zusammen mit uns einen Leitfaden entwickelt. Am wichtigsten finde ich, dass man nicht einfach den Kopf in den Sand steckt und sagt, das oder jenes gehe nicht. Das höre ich viel zu oft.
Nach welchen Prinzipien führst du deine Mitarbeitenden?
Ich verstehe unser Restaurant als eine Plattform, die ich meinem Team biete. Wir haben unser Konzept und unsere Ideologie und ich gebe Inputs in Form von Ideen und Schulungen. Aber in ihrer Funktion können sich meine Mitarbeitenden frei einbringen und ihre Arbeit nach Gutdünken gestalten. Das bedingt natürlich, dass wir viel Verantwortung abgeben – und viel erwarten. Wir merken dann schnell, ob es funktioniert oder nicht. Ehrlich gesagt: Ich betreibe neben dem Ecluse noch zwei andere Orte und habe weder Zeit noch Lust, meine Mitarbeitenden ständig zu kontrollieren. Ich würde nie wieder zur herkömmlichen Art von Management wechseln.
Gibt es auch Ärgernisse in der Kreislaufwirtschaft?
Oh ja! Wenn wir neue Setzlinge im Garten haben und ein Biber diese wegfrisst, dann kann man sich schon etwas ärgern.
Circular Gastronomy Switzerland
Der Verein Circular Gastronomy Switzerland wurde 2021 mit dem Ziel gegründet, die Kreislaufwirtschaft in der Gastronomie zu fördern. Projektleiterin Chantal Julen (sanu future learning ag) empfiehlt interessierten Restaurants und Hotels, sich auf der Webseite über verschiedene Möglichkeiten zum Schliessen von Kreisläufen in der Gastronomie zu informieren und inspirieren zu lassen und klein anzufangen: Etwa beim Thema Foodwaste oder beim Einkauf und der Angebotsgestaltung. Viel Potential für den Betrieb sieht sie auch in der Zusammenarbeit von Betrieben und im Erschliessen gemeinsamer Kreisläufe, zum Beispiel in der Logistik. Heute arbeitet Circular Gastronomy Switzerland eng mit Gastrofutura zusammen.
und gastrofutura.ch
Text: Simone Knittel
Foto: Stöh Grünig