Montag, 04.09.2023

Gemüse mit Herzblut

Fine Dining, aber vegan und regional: Das ist das Restaurant Lauch in Basel. Warum sich der Aufwand lohnt und viel zu tun ist, erklären Geschäftsführerin Bettina Larghi und Küchenchef Michael Grässler

Warum heisst euer Restaurant «Lauch»?

Bettina Larghi: Der Name war ein Glücksgriff. Als wir am Konzept bastelten – eine Küche ohne Tierisches, nur Produkte aus der Region, viel Hausgemachtes – war «Lauch» der Arbeitstitel. Doch wir haben den Namen ins Herz geschlossen. Lauch ist vielseitig, hat fast immer Saison, wächst in der Schweiz und schmeckt toll. Zudem ist der Begriff im Jugendjargon auch ein Modewort: «Du bist doch ein Lauch!» (für jemanden, der sich ungeschickt verhält, Anm. d. Red.)

 

Mit Regionalität werben viele Betriebe, aber seid ihr wirklich strikt?

Larghi: Wir kochen nur mit dem, was der Schweizer Boden hergibt. Einen Sonderfall gibt es allerdings: Kaffee. Ansonsten verzichten wir auf gängige Ausnahmen, die andere Gastro-Betriebe mit ähnlichem Konzept machen – etwa Zitrusfrüchte wie Zitrone oder Gewürze wie Pfeffer und Schokolade. Und ja, das ist eine Herausforderung. 

 

Aber die Vorteile überwiegen?

Larghi: Es ist verrückt und beglückend, wie wir immer wieder neue Geschmäcker und Zutaten entdecken. Manche unserer Produzenten fragen uns auch, ob sie extra für uns etwas Neues anbauen sollen. So verwenden wir in unserer Küche zum Würzen beispielsweise Safran, Chili oder Sanddorn aus der Schweiz, aber auch Selbstgesammeltes wie Tannenschösslinge oder Bärenklau. Andere Zutaten sind saisonale Gemüse und Früchte, die wir in grossen Mengen einmachen für den Winter. Zudem stehen Hülsenfrüchte und Getreide in allen Variationen auf der Karte.

 

Veganes und vegetarisches Essen liegt im Trend. Doch schweizweit gibt es eher wenige Restaurants, die voll auf dieses Konzept setzen. Warum?

Michael Grässler: Ich glaube, viele Gastronominnen und Gastronomen haben Angst. Sie denken wohl, dass die Gäste immer Fleisch wollen. Vielleicht haben sie damit ein Stück weit recht: Für viele Gäste bedeutet Essengehen, sich etwas Gutes zu tun. Und dann sind sie schnell beim Hummer oder beim Entrecôte. Ein Abend bei uns zeigt ihnen aber: Auch veganes oder vegetarisches Essen beschert diese Glücksmomente. Wir stecken viel Aufwand, Zeit und Liebe in die Gerichte.

 

Arbeitet ihr mit Ersatzprodukten?

Grässler: Nein. Das passt nicht zu uns, wir positionieren uns eher im Fine-Dining-Bereich, wo das nicht üblich ist. Aber anderen Betrieben können diese Produkte viel bringen: Wohl in jeder Beiz wäre es möglich, beim Riz Casimir auch mal das Fleisch wegzulassen oder zu ersetzen – kommt es wirklich drauf an, ob da Pouletstücke drin sind oder ein Huhn-Ersatzprodukt? Und der Rahm zum Beispiel mit Kokosnussmilch substituiert wird? Das schmeckt sowieso nach Curry.

 

Welche praktischen Vorteile hat eine pflanzenbasierte Küche im Kochalltag?

Grässler: Eine Menge! Es fallen eine ganze Reihe von Hygiene-Bestimmungen weg, da beispielsweise die Gefahr der Kontamination viel geringer ist. Viele pflanzenbasierte Zutaten halten nicht nur viel länger, sondern sie lassen sich überdies einfacher und mit weniger Aufwand lagern. Und noch ein kleiner Benefit: Ich rieche nach meinem Arbeitstag nicht mehr nach Bratfett…

 

Was ist der wichtigste Grund, dass du fleischlose Gerichte kochst?

Grässler: Mein Ziel ist es, irgendwann ausschliesslich vegan zu kochen. Pflanzenbasierte Küche ist für mich im Hinblick auf Tierwohl, Umwelt und Gesundheit die Ernährung der Zukunft.

 

In der Ausbildung junger Köchinnen und Köche wird die vegane Küche noch eher wenig thematisiert.

Grässler: Das muss sich ändern! Das ist alles ein wenig veraltet.

 

Welche Gäste kommen zu euch?

Larghi: Personen jeden Alters, Gruppen und Familien, ab und zu sogar ganze Fussballmannschaften, die neugierig hineinkommen und glücklich wieder rausspazieren. Eigentlich alle! Nun gut, nebenan ist eine Schnitzelbeiz – das ist vielleicht nicht genau unser Zielpublikum.

 

Was würdet ihr Köchinnen und Köchen empfehlen, die vermehrt auf vegetarische oder vegane Küche setzen wollen?

Grässler: Seid mutig! Es lohnt sich, eigene Wege zu gehen und sich neu zu erfinden. Da sprechen wir aus Erfahrung. Wir sind auch davon überzeugt, dass es – gerade in den Schweizer Städten – noch mehr vegetarische und vegane Restaurants geben kann. Es hat noch Platz für neue Konzepte!

 

BETTINA LARGHI
Alter: 46
Lieblingsdrink: Schweizer Cidre
Hobbys: Zeit mit der Familie, auswärts essen gehen und reisen

 

MICHAEL GRÄSSLER
Alter: 39
Lieblingszutat: Tomaten
Hobbys: Fitness und Kartenspiel

 

Text: Simone Knittel
Foto: Kostas Maros, zVg