Montag, 21.04.2025
Sternekoch trainiert Jungkoch
Was ist Ihre erste Erinnerung ans Kochen?
Die an meine Grossmutter Odette. Sie war eine fantastische Köchin und ihre Gerichte waren immer eine grosse Freude für alle, die mit ihr am Tisch sassen. Wir kochten mit frisch geernteten Produkten von unserem Bauernhof, assen im Rhythmus der Jahreszeiten und lebten von unserem Land. Sie war es, die mich lehrte, dass der Respekt vor der Saisonalität und den Produkten über jede Ernährungsphilosophie hinausgeht.
Ihre drei Restaurants tragen die Namen Odette, Louise und Claudine. Ist das eine Hommage an die Frauen, die Ihr Leben geprägt haben?
Meine Familie inspirierte mich schon immer, sogar schon in jungen Jahren. Claudine ist meine Mutter und Louise ist der zweite Vorname meiner Grossmutter väterlicherseits. Beide zeigten mir, wie aus den einfachsten Zutaten die besten Gerichte entstehen können.
«Meine Familie inspirierte mich schon immer.»
Warum haben Sie sich für Asien entschieden, um nach Michelin-Sternen zu greifen?
Singapur liegt an der perfekten Kreuzung Asiens und ist ein inspirierendes Tor zu einem reichen und vielfältigen Schmelztiegel von Kulturen und Küchen. Es war ein glücklicher Zufall, der mich nach Asien brachte, und ich fand, dass es ein wirklich inspirierender Ort zum Kochen ist. Ich hätte jedoch nie erwartet, eines Tages ein Restaurant mit Michelin-Stern zu leiten. Als ich nach Singapur kam, gab es in dem Land noch nicht einmal einen Michelin-Führer.
Wie passen Sie die französische Küche an den asiatischen Gaumen an?
Die Küche des «Odette’s» ist zwar in ihrer DNA französisch, aber im Laufe der Jahre hat sich mein Ansatz stark verändert. Dies, um ein Gefühl der Zugehörigkeit zu vermitteln, indem ich die Prinzipien der französischen Küche mit der Inspiration des reichen kulinarischen Erbes Asiens verbinde. Es ist entscheidend, zu verstehen, für wen man kocht, welche Kultur die Menschen haben und welche Essgewohnheiten. So kann es etwa sein, dass Wildfleisch wie Taube in Asien nicht gut ankommt, was wir bei der Zusammenstellung unserer Speisekarte berücksichtigen. Unabhängig von der Esskultur lieben wir es, unsere Gäste zu begeistern, vor allem diejenigen, die neugierig und aufgeschlossen sind.
«Es ist entscheidend zu verstehen, für wen man kocht»
Gibt es Produkte, die Sie in Asien kochen, dies aber in Frankreich nicht tun würden?
Ich liebe es, mit Zitrusfrüchten zu arbeiten. Ich verwendete sie nicht so oft in meiner Küche, bis ich nach Asien zog und begann, enger mit lokalen Produkten zu arbeiten, wobei ich viele seltene Zitrussorten entdeckte. Die Vielfalt hier ist einfach unglaublich! Ich liebe den Glanz und die Frische, die Zitrusfrüchte allen Gerichten verleihen, und in manchen Fällen auch die Feinheit und Komplexität, die sie ihnen geben.
Gibt es eine berufliche Begegnung, die Sie geprägt hat?
Ich denke oft an die Zeit zurück, als ich mit meinem Mentor zusammenarbeitete, dem Küchenchef Michel Bras. Es war die erste professionelle Küche, in der ich arbeitete, und er prägte meinen Ansatz entscheidend, die Reinheit der Zutaten zu respektieren und den Wert der Teamarbeit zu verstehen.
Was halten Sie vom «gusto25»- Wettbewerb?
Ich denke, dass dieser Wettbewerb eine spannende Gelegenheit für junge Köchinnen und Köche ist, um sich selbst herauszufordern. Sie sind für die Kreation des Gerichts verantwortlich, von der Geschichte, die es verkörpert, bis hin zu den verwendeten Techniken. Dies ist eine grossartige Plattform für die jungen Leute, um ihre Kreativität und ihre Fähigkeiten unter Beweis zu stellen.
«gusto25»-Gewinnerin Céline Grossmann wird während eines zwei wöchigen Praktikums an Ihrer Seite in die Welt der Spitzenleistungen eintauchen. Was sind die wichtigsten Erkenntnisse, die Sie der jungen Generation vermitteln möchten?
Ich bin unglaublich begeistert von der Idee, die nächste Generation von Spitzenköchen zu betreuen. Neben der Vermittlung von Wissen hoffe ich, andere zu inspirieren und die Werte Teamarbeit, Bescheidenheit und kontinuierliche Verbesserung zu betonen. Ich wünsche mir, dass wir Céline Grossmann hier in Singapur, am Knotenpunkt Asiens, eine einzigartige Lernerfahrung bieten können.
JULIEN ROYER
Alter: 42 Jahre
Lieblingsessen: Ein paar gute Käsesorten mit einer Scheibe Sauerteigbrot und einem Glas Wein! Lieblingsküchen: Französisch, Japanisch und Thailändisch.
Liebste Kindheitserinnerung: Mit meiner Grossmutter Odette Johannisbeerkonfi zu kochen!
Hobby: Tennis
Text: Sophie Dürrenmatt-Koller
Foto: zVg