Montag, 01.07.2024

So geht Erfolg

Der Personalmangel ist gross, die Margen in der Gastronomie klein. Doch Christoph Hunziker erkocht sich neben 14 Gault-Millau-Punkten in seinem Schüpbärg Beizli in Schüpfen BE die «Bib-Gourmand»-Auszeichnung mit dem Verdikt «gute Preis-Leistung». Was kann man vom umtriebigen Gastronomen lernen?

Wie wichtig sind die Finanzen im Leben eines Gastronomen?
Ich versuche immer eine gute Balance zu finden. Als selbständiger Unternehmer muss mein Betrieb wirtschaftlich sein. Gleichzeitig habe ich meinen Stolz als Koch, möchte weiterkommen und mit meiner Küche Erfolge verzeichnen. Das bedingt, Ausgaben zu tätigen. Ich riskiere auch mal, am Ende des Monats etwas weniger zu verdienen, aber dafür mal wieder etwas Neues zu machen.

Das Konzept geht wunderbar auf – Sie haben vom Guide Michelin die Auszeichnung «Bib Gourmand» erhalten.
Darüber habe ich mich sehr gefreut, obwohl ich mich lange weigerte, bei all diesen Sternen- und Führersachen mitzumachen. Aber, dass sich jemand bei mir auf dem Schüpbärg an den Tisch setzt, meine Küche wertschätzt und mir dann das Prädikat «Gute Preis-Leistung» gibt – das ist grossartig. Man schielt immer auch ein wenig auf Auszeichnungen, obwohl ich in erster Linie für meine Gäste koche.

Und wie gestalten Sie das Angebot, damit es aufgeht?
Ich habe in meinem Betrieb 96 Prozent Auslastung, viele sind Stammgäste. Mit denen rede ich viel und frage, wie es geschmeckt hat. Die Leute mögen Gerichte, die für sie etwas darstellen, wie etwa ein Rindsschmorbraten, gleichzeitig möchten sie ein saisonales und nachhaltiges Angebot. Es muss also absolut nicht immer nur das edle Rindsfilet sein – wenn der Schmorbraten oder die Hacktätschli sorgfältig zubereitet und auch ein wenig neu interpretiert worden sind, dann darf das auch etwas kosten. Aber es braucht beides: Etwas Spezielles für Gäste, die ein schönes Menü möchten, und einfachere Gerichte für alle, die unkompliziert von der Karte bestellen wollen.

Aber ein Schmorbraten kostet die Küche doch Zeit?
Der Schmorbraten braucht in der Vorbereitung länger als das Rindsfilet. Aber danach geht es rasch mit Portionieren und Servieren, und man kann ihn wunderbar anpreisen und verdient auch daran. Wir arbeiten viel mit Farce und rollen das Fleisch ein. Das gibt ein schönes Gericht mit etwas weniger Fleisch, das trotzdem sehr geschätzt wird von den Gästen. Aber bei all diesen Gerichten ist die Voraussetzung, dass die Küche sich auskennt und geübt ist in der Zubereitung von verschiedenen Gerichten. Es zahlt sich eben aus, wenn die Leute gut ausgebildet sind, fundiertes Fachwissen mitbringen und wenn man nicht als Erstes an den Personalkosten spart. Dasselbe gilt für die Geräte, zum Beispiel dem Pacojet. Die Anschaffung kostet, aber danach kann man ihn immer wieder lohnend einsetzen.

Was sind andere Beispiele für sinnvolle Techniken?
Sous-vide-Garen zum Beispiel sorgt für weniger Garverlust. Auch zu kurz gelagertes Fleisch kann man dank Sous-vide problemlos zarter machen. Ich lagere übrigens mein Fleisch inzwischen selbst. Damit spare ich viel Geld, weil ich diesen Teil der Wertschöpfung übernehme. Aber natürlich rechne ich die Zeit, welche ich dann mit dem Fleischschrank verbringe, nicht als reguläre Arbeitszeit. Das gehört eben zu den Dingen, die ich als selbständiger Unternehmer nebenbei noch erledige.

Das klingt nach einer sehr vollen Woche…
Ich arbeite viel, das stimmt. Aber ich lege Wert darauf, dass ich zwei volle Tage pro Woche frei habe und nicht für den Betrieb arbeite. Klar, ich stehe dann vielleicht in meinem Garten oder mähe den Rasen neben dem Beizli, aber das sehe ich als Teil meines Privatlebens an.

«Ich kann gut kochen, besser rechnen und am besten reden»

Zusammengefasst: Was macht den Erfolg des Schüpbärg Beizli aus?
Man soll sich nicht verstecken, sondern als Gastronom zu dem stehen, was man tut. Das kommt gut an. Ich gehe raus und rede mit meinen Gästen und bringe auch meinem Servicepersonal bei, wie sie unser Menü anpreisen sollen. Es ist wichtig, zu jedem der Gerichte etwas erzählen zu können, das schafft einen Wert für die Gäste. Ich sage immer: Ich kann gut kochen, besser rechnen und am besten reden. 

«Man soll als Gastronom zu dem stehen, was man tut.»

CHRISTOPH HUNZIKER
Alter:
42
Wenn’s privat schnell gehen muss: Ich gehe gerne mal einen Döner essen
Lieblingsessen: Wurstsalat und Hörnli mit Ghackets
Bestellung auswärts: Gutes Sushi – es darf ganz anders sein als meine Küche

Text: Simone Knittel
Foto: Stöh Grünig