Montag, 12.08.2024

Mit einem Kurs auf guten Kurs kommen

Seit Jahren hat die Gastronomie mit dem Fachkräftemangel zu kämpfen. Die Progresso-Kurse machen Ungelernte in vielerlei Hinsicht fitter für ihren Job. Heinz Gerig, Leiter Basisqualifikation bei Hotel & Gastro formation Schweiz, erklärt wieso.

An wen richten sich die Progresso-Kurse?
Diese Basisqualifikation richtet sich an Menschen, die bereits in unserer Branche arbeiten, aber noch keinen Abschluss im Gastgewerbe haben. Oftmals sind es Personen mit Migrationshintergrund, Quereinsteigende oder Menschen, deren Lebenssituation es bis jetzt nicht ermöglicht hat, eine Berufslehre zu absolvieren.

Weshalb wurde das Programm ins Leben gerufen?
Das Gastgewerbe ist traditionell eine Branche, in der auch Ungelernte oder Mitarbeitende ohne Abschluss tätig sind, oft über Jahre oder gar Jahrzehnte hinweg. Um diesen Umstand zu ändern, haben wir im Jahr 1993 das Projekt «Förderung gastgewerblicher Mitarbeiter ohne Berufslehrabschluss» ins Leben gerufen. Dieses wurde 2001 umbenannt in «Progresso».

«Progresso bringt Teilnehmende in unserem durchlässigen Bildungssystem weiter.»

Progresso bedeutet Fortschritt. Wie profitieren die Kursteilnehmerinnen und -teilnehmer vom Programm?
Sie verbessern ihre beruflichen Fertigkeiten und Fähigkeiten in Praxis und Theorie und werden selbstbewusster. Zudem profitieren Absolvierende mit anderen Muttersprachen auch davon, dass sie im Lehrgang während insgesamt fünf Wochen eine der drei Landessprachen sprechen müssen. Progresso bringt die Teilnehmenden zudem in unserem durchlässigen Bildungssystem weiter: Das schweizweit anerkannte Zertifikat ist der erste Schritt zur verkürzten modularen Ausbildung mit eidgenössischem Berufsattest (EBA). Anschliessend kann die nächste Stufe in der Grundbildung angestrebt werden, die Berufslehre mit eidgenössischem Fähigkeitszeugnis (EFZ).

Und was haben die Betriebe davon?
Sie haben keine Ausbildungskosten, falls ihr Betrieb dem L-GAV unterstellt ist, und erhalten zudem noch eine Arbeitsausfallentschädigung. Darüber hinaus fällt der interne Zeitaufwand für die Schulung weg. Am wichtigsten ist aber, dass Progresso-Absolvierende zum Erfolg und Umsatz des Betriebs beitragen, denn sie arbeiten produktiver und verkaufen im Service das Angebot besser.

Wie viele Personen haben seit Beginn des Progresso-Programms einen solchen Lehrgang absolviert?
Und ist das Interesse in allen vier Bereichen gleich gross oder gibt es Unterschiede? Seit 2001 haben über 13 000 Frauen und Männer diesen Lehrgang erfolgreich abgeschlossen. Am meisten Teilnehmende verzeichnen wir jeweils im Fachbereich Küche, gefolgt von den Bereichen Systemgastronomie und Hauswirtschaft. Der Fachbereich Service wird leider immer noch am wenigsten nachgefragt, obwohl dieser Beruf so viel mehr umfasst als Aufdecken, Servieren und Kassieren. Darum schulen wir die Teilnehmenden vor allem in der Persönlichkeitsentwicklung. Denn sie hinterlassen den ersten und den letzten Eindruck beim Gast.

«Die Weiterbildung hält die Menschen länger in der Branche»

Können die Progresso-Kurse den Fachkräftemangel etwas abfedern?
Auf jeden Fall. Die Absolvierenden sind nach dem Lehrgang effizienter, im Betrieb vielseitiger einsetzbar und geben ihr Wissen ans Team weiter. Zudem fördert jede Weiterbildung die Betriebstreue und hält die Menschen länger in der Branche, weil sie sich wertgeschätzt fühlen.

HEINZ GERIG
Alter:
62
Lieblingsessen: Ich liebe jegliche Art von feinem Essen
Lieblingsküche: Die asiatische und indische Küche
Lieblingsgetränk: Wein
Hobbys: Jassen, Wandern, Petanque und die Männerriege Flüelen

Die vier Progresso-Lehrgänge
1 Fachbereich Küche

Produktekenntnisse, Hygienegrundsätze, Arbeitssicherheit, ökonomisches und ökologisches Handeln, Anwendung der Garmethoden sowie sicherer Umgang mit Maschinen und Apparaten werden täglich bei der Umsetzung mehrgängiger Menüs trainiert. Überbetriebliche Kurse sind ein fester Bestandteil des Lehrgangs. Die Leistungsziele der überbetrieblichen Kurse sind ebenfalls ein fester Bestandteil des Lehrgangs.

2 Fachbereich Service
Umgang mit Materialien, Maschinen und Utensilien, Hygiene im Servicebereich, Gästeempfang, Betreuung und Verkauf, Getränke und Speisen servieren, Organisation der Arbeitsabläufe, Angebots- und Verkaufsschulung, selbstständiges Arbeiten vor dem Gast, Koordination von Arbeitsabläufen, effizientes Arbeiten im Service, Persönlichkeitsschulung.

3 Fachbereich Hauswirtschaft
Etage, Hausdienst, Wäscheversorgung, Buffet, Office, Lagerhaltung, Unfallverhütung, Brandschutz, Hygiene, vernetztes Denken und konstruktive Zusammenarbeit, Freude gewinnen an der Dienstleistung.

4 Fachbereich Systemgastronomie
Wirtschaftlicher Umgang mit Lebensmitteln, korrekte Lagerung/Verarbeitung/Aufbereitung von Lebensmitteln, moderne Arbeitstechniken und -prozesse, Pflege des Gastraums und zuvorkommender Umgang mit dem Gast, Marken und Konzepte der Systemgastronomie.

Text: Susanne Stettler
Foto: zVg