Montag, 27.01.2025

Koch der Königlichen

Anton Mosimann kochte für die britische Königsfamilie und die Grossen dieser Welt und wurde so zur Legende. Einblicke in die aussergewöhnliche Karriere des Solothurner Kochs.

Eleganz mit Fliege und roten Socken, klare Worte, lachende Augen und die Höflichkeit eines Gentlemans: Der 77-jährige Anton Mosimann beeindruckt durch seine Schlichtheit, seine Fitness, seine ungebrochene Leidenschaft für die Kochkunst und seine Karriere. Der Solothurner ist eine Legende in Grossbritannien, wo er für vier Generationen der britischen Königsfamilie kochte. Er arbeitete für die Weltelite – darunter sieben US-Präsidenten und acht britische Premierminister – und war mit Showstars, Künstlern und berühmten Sportlern unterwegs. Die Mosimann Collection, ein Museum für Kochkunst, das er 2016 in Le Bouveret VS eröffnete, zeugt von diesem faszinierenden Leben (Öffnungszeiten: Montag bis Freitag auf Anfrage).

ANFÄNGE IN NIDAU
Anton Mosimanns Erfolgsgeschichte begann Anfang der 1950er-Jahre in Nidau bei Biel BE. «Meine Eltern, die aus einfachen Verhältnissen stammten, besassen dort ein Restaurant, in dem einfache Gerichte serviert wurden. Ich half ihnen in der Küche, beobachtete sie und liebte die Düfte des Essens.» Mit einer Berufung im Herzen begann er mit 15 seine Kochlehre im Hotel Bären in Twann BE am Bielersee. Nach dem Abschluss als Küchenchef arbeitete er in international renommierten Häusern wie dem Villars Palace, dem Montreux Palace und dem Hotel Cavalieri in Rom. Anton Mosimann: «Ich hörte nie auf zu lernen und Kurse zu besuchen und wollte besser sein als meine Kollegen.»

DAS LONDONER ABENTEUER
Der Gewinn der Goldmedaille am Nestlé Toque d’Or 1974 öffnete ihm mit gerade mal 28 Jahren die Türen zum Dorchester, dem berühmten Palast in London, wo er zum Meisterkoch ernannt wurde. «Ich leitete eine Brigade von 132 Köchen und musste diplomatisch vorgehen, um mich in einem traditionell geprägten Umfeld durchzusetzen und akzeptiert zu werden. Jeden Morgen schüttelte ich meinem gesamten Team die Hand. Das dauerte 45 Minuten.» Schon bald machte sich Anton Mosimann mit seinem Kochstil, der ohne Butter und Rahm auskommt, einen Namen in der britischen High Society. Queen Mum (1900-2002) – die Mutter von Königin Elizabeth II. (1926-2022) – die er als «einfach und entspannt» beschreibt, war 1977 die Erste aus der königlichen Familie, die im Dorchester speiste. «Sie liebte meine leichte, ausgewogene, gesunde und kreative Küche, die italienisch und japanisch inspiriert war. Nach jedem Abendessen bat sie zu Hause ihren Koch, sich bei mir zu melden und sich die Rezepte geben zu lassen.»

«Die Queen Mum liebte meine Küche.»

KÖNIGLICHE VORLIEBEN
Königin Elizabeth II., die Anton Mosimann für ihre Freundlichkeit, ihr Wissen über aktuelle Ereignisse und ihren Sinn für Humor lobt, lernte die Freuden des Londoner Palastes 1978 kennen, als der König von Jordanien einen Empfang für 300 Gäste organisierte. Sie war von Mosimanns Handschlag begeistert und kehrte mehrmals ins Dorchester zurück. Mehr noch: Ihre Majestät beauftragte den Solothurner mit der Ausrichtung mehrerer Privatessen. «Die erste Spezialität, die ich für Elizabeth II. – zweifellos die Persönlichkeit, die mich am meisten beeindruckt hat – zubereitete, bestand aus mariniertem Räucherlachs mit Kräutern, Zitronenvinaigrette, sowie Petersilie, Koriander, Schnittlauch und rosa Ingwer.» Mosiman kam auch die Ehre zu, im Juni 2003 beim Bankett zum 50. Jahrestag der Krönung der inzwischen verstorbenen Herrscherin und im April 2011 beim Hochzeitsessen von Prinz William und Kate Middleton am Herd zu stehen. Anton Mosimann zählt mit einer Mischung aus Bewunderung und Stolz die kulinarischen Vorlieben der Royals auf. Charles, für den er seit über 30 Jahren kocht, isst ausschliesslich Bio- Lebensmittel aus Highgrove House, seinem Landsitz etwa 170 km westlich von London: «Der König ist ein sehr geselliger Mensch und liebt Lammfilet mit Jersey Royals, neuen Kartoffeln, die ausschliesslich auf der Insel Jersey angebaut werden. Die verstorbene Lady Di hatte eine Vorliebe für mein Pilzrisotto.»

FÜR OBDACHLOSE
Obwohl er mit den Mächtigen der Welt verkehrt und 2004 von Elizabeth II. den Orden des Britischen Empire erhielt, ist Anton Mosimann auf dem Boden geblieben. «Ich vergesse nicht, woher ich komme. Ich bin ein Einzelkind und musste für meine Ziele hart arbeiten. Darum kochte ich auch für Obdachlose in London», erzählt er. «Zu meinen schönsten kulinarischen Erinnerungen gehören eine wunderbare Pizza, die ich 1965 in einem kleinen neapolitanischen Restaurant ass, und Spaghetti Carbonara, die ich in Rom genoss. Und ich esse gerne eine gute St. Galler Wurst. Generell mag ich alle lokalen Küchen». Zudem geht er gerne ins Fitnessstudio und begeistert sich für englische Autos. Nachdem er die Schlüssel zu seinem privaten Londoner Restaurant-Club «The Mosimann’s» an seine Söhne Phillipp (48) und Mark (45) weitergegeben hat, leben Anton Mosimann und seine Frau, die St. Gallerin Kathrin Roth, mit der er seit 1974 verheiratet ist, in Montreux VD.

Text: Eugenio D’Alessio
Foto: Valentin Flauraud