Montag, 02.09.2024
Der Neue bei GastroSuisse
Ihre Wahl im Juni galt als Überraschung. Sie lösen Casimir Platzer ab und haben sich gegen seinen Stellvertreter Massimo Suter durchgesetzt. Wie haben Sie die Wahl erlebt?
Die Überraschung wurde in den Medien grösser kommuniziert, als sie wirklich war. Klar, Massimo Suter war als langjähriger Stellvertreter in der Poleposition. Aber ich denke, die Branche hat sich einen Richtungswechsel gewünscht. Dass ich noch nicht so lange und bei der eher kleineren Sektion Gastro Winterthur Präsident bin, hat mir vielleicht geholfen. Gleichzeitig konnte ich breite und langjährige Berufserfahrung vorweisen. Mir war es wichtig, nicht als Lückenbüsser, sondern als engagierter Verbandsvertreter aufgestellt zu werden.
Sie stammen aus einem städtischen Umfeld und haben mit der Geschäftsführung des Casinotheaters Winterthur einen vielfältigen Betrieb unter sich. Sind Sie prädestiniert dazu, die Gastrobranche schweizweit zu einen?
Hoffentlich (lacht). Das ist selbstverständlich der Anspruch, den ich an mich selber habe.
Der Verband hatte in der Vergangenheit Rückhalt in den ländlichen Gebieten, in den Städten hingegen wurde Kritik laut. Wie holen Sie die Mitglieder wieder an Bord?
Das ist für mich schlicht die Grundaufgabe des Verbandes. Ich habe bereits viele wertvolle Kontakte geknüpft und bin sicher, wir können nach vorne schauen. Mir ist es zudem ein wichtiges Anliegen, die Struktur des Verbandes etwas mehr aufzubrechen. Wir sind der grösste Arbeitgeberverband, bringen aber die PS zu wenig auf den Boden. Ich will deshalb die Mitglieder aus den Kantonen in unsere Prozesse und zu den aktuellen Themen besser einbinden. Dann können wir viel eher am selben Strick ziehen, die Diversität der Branche besser abbilden und viel mehr Wirksamkeiten in den Regionen erzielen. Wir wollen die Mitglieder besser erreichen.
Und was sind die dringendsten Punkte, die die Aufmerksamkeit des Verbandes brauchen?
Ein drängendes Thema ist der fehlende Nachwuchs. Die Branche hat ein Imageproblem. Meiner Tochter beispielsweise wurde in der Schule geraten, nur ja nicht in die Gastronomie zu gehen. Das ist fatal. Da sehe ich uns in der Verantwortung - nicht nur, was das Verbandsimage anbelangt, sondern wir müssen auch am Image der Branche generell arbeiten. Das ist aber auch nichts Neues: Gastro-Suisse hat ja schon einen 5-Punkte-Plan lanciert. Diesen möchte ich umsetzen und darüber hinaus weitere Massnahmen ergreifen, um zu kommunizieren, was die Branche zu bieten hat. Ich habe selber zwanzig Jahre als Koch und Küchenchef gearbeitet – das ist ein lebensnaher und kreativer Beruf mit viel Wahl- und Aufstiegsmöglichkeiten. Und ein zukunftsträchtiger: Beim Kochen sind Handwerk, Kontakt zu Menschen und Emotionen wichtig. Das kann keine Künstliche Intelligenz ersetzen. Das gilt für alle Berufe in der Gastronomie.
«Ein drängendes Thema ist der fehlende Nachwuchs.»
Aber wie will der Verband konkret dafür sorgen, dass junge Fachkräfte auch in der Branche bleiben, und nicht beispielsweise wegen einem schlechten Betriebsklima oder mangelnder Wertschätzung Reissaus nehmen?
Als Verband wollen wir Hand und gezielte Weiterbildungen dazu anbieten – aber jeder einzelne Betrieb steht auch selber in der Verantwortung, sich ein gutes Image zu erarbeiten und als Arbeitgeber attraktiv zu sein.
Also ein weiterer Punkt, um den sich ein Betrieb kümmern muss?
Wer selbstständig arbeitet, muss viel jonglieren, das stimmt. Das bringt mich zu einem weiteren wichtigen Punkt, an dem wir arbeiten möchten: die Wirtschaftlichkeit der Betriebe. Die Branche hat den Ruf, teuer zu sein. Gleichzeitig steigen die Stromkosten, die Löhne, die Anforderungen. Wir möchten den Betrieben helfen, effizienter zu werden, oder auch die Rahmenbedingungen – wie zuletzt bei den Kreditkartengebühren – zu verbessern. Dann können die Betriebe Geld sparen und haben mehr Luft. So können sie Ressourcen dort investieren, wo es Sinn macht. Übrigens ist mir auch das Thema Nachhaltigkeit in der Gastronomie wichtig. Es wurde bisher noch sehr wenig bespielt. Auch dort gibt es viele Wege, einen Betrieb sparsamer und effizienter zu führen.
BEAT IMHOF
Alter: 52
Lieblingsrestaurant: Vom Takeaway mit Sandwiches zum Sternedinner mit 7-Gängen, je nach Situation. Wichtig ist, dass mit Herzblut gekocht wird.
Hobbies: Freunde treffen, Sport machen und ein Glas Wein trinken.
Text: Simone Knittel
Foto: Alessandro della Bella, Fotografie von Gunten